SARS-CoV-2 reduziert uns auf unser Zuhause, alle Veranstaltungen sind abgesagt oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Darunter fiel am 26. März auch der Girl`Day meiner Grünen Fraktion im Bundestag, zu dem ich Teresa aus meinen Wahlkreis eingeladen hatte.
Ich habe Teresa gebeten, mir stattdessen über Ihren 26. März 2020 zu Hause, zu erzählen. Ihren Brief möchte ich gerne mit Euch teilen.
Hallo,
ich bin die Teresa und möchte euch ein bisschen was aus meinem Alltag und meinen Gedanken erzählen, als Jugendliche in Zeiten von Corona.
Ich bin 19 Jahre alt und wohne in einem kleinen Dorf in der Nähe von Bad Mergentheim. Ich mache gerade die Ausbildung zur Erzieherin und gehe auf die Schule für Sozialpädagogik in Tauberbischofsheim.
Mein Vormittag sieht ungefähr so aus, dass ich morgens so gegen 8 Uhr aufstehe. Dann ziehe ich mich ganz normal an, frühstücke und zwischen 9 und 10 Uhr haben wir dann Unterricht per Videochat. Außerdem geben unsere Lehrkräfte uns sehr viele Aufgaben per E-Mail, diese müssen wir bearbeiten und ihnen wieder zurückschicken, sodass sie sehen, dass wir auch wirklich die Aufgaben machen. Das sind auch gar nicht wenige, also langweilig wird mir auf jeden Fall nicht. Nachmittags erledige ich andere verschiedene Dinge. Zum Beispiel habe ich die letzten Tage damit angefangen, mir ein paar Zimmerpflanzen zu besorgen und mein Zimmer neu einzurichten. So fühle ich mich schon viel wohler in meinen vier Wänden.
Zu Beginn der ‚Corona-Krise‘ war es so, dass ich mir noch überhaupt keine Gedanken zu dem Thema gemacht habe. Mir war es relativ egal, weil alles was ich bisher davon gehört hatte, war eben, dass es nicht ansteckender oder gefährlicher ist als eine gewöhnliche Grippe. Von daher hatte ich das Thema überhaupt nicht auf meinem Schirm und auch als es in unseren Medien viel verbreitet und regelrecht Panik gemacht wurde, hat mich das ganze Thema überhaupt nicht beschäftigt. Ich fand es eher gefährlich, was gewisse Menschen daraus machen könnten: Dass dann wieder vermehrt Rassismus aufkeimt, dass ‚Corona‘ als Rechtfertigung für Rassismus dient, dass es rechte Gruppierungen nutzen, um noch mehr Panik und Angst zu schüren, um unserer Regierung Unvermögen zu schreiben zu können und um allgemein ein Klima der Angst in unserer Gesellschaft zu schaffen. Davor hatte und habe ich viel mehr Angst als vor dem Virus.
Als es dann losging mit den ersten Ausgangssperren in anderen Ländern und dann auch in Deutschland die Meldungen kamen, dass man möglichst wenig nach draußen gehen soll, vor allem möglichst wenige Menschen treffen soll, habe ich auch angefangen, mich mehr mit dem Thema zu beschäftigen. Ich habe mir einige Videos zu den Gefahren und Auswirkungen angeschaut und mit Freunden darüber diskutiert.
Es wird schwierig für unser Gesundheitssystem, die ganzen erkrankten Menschen aufzufangen. Man sieht es ja in Italien, was da für ein Chaos herrscht, wenn Menschen nicht mehr behandelt werden können, da einfach Beatmungsgeräte fehlen und Leichen in Transportern weggeschafft werden.
Diese Bilder haben mich sehr erschreckt. Daraufhin haben wir als linksgrüne Jugend und auch die Fridays for Future Gruppe festgestellt, dass wir uns nicht mehr weiterhin treffen, sondern nur noch per Telefonkonferenzen Politik machen können.
Seit zwei Wochen sind quasi alle meine sozialen Kontakte auf Eis gelegt. Am Anfang ist mir das überhaupt nicht schwer gefallen. Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich zurzeit immer nur dieselben vier Personen, meine Eltern, meinen Bruder und meine Schwester, zu Gesicht bekomme.
Was mit Sicherheit auch daran liegt, dass ich genug zu tun habe. Sei es der Haushalt, oder die Schulaufgaben, oder dass ich angefangen habe zu malen und Gedichte zu schreiben.
Ihr merkt, es ist nicht so als würde ich mich langweilen, nur normalerweise sehe ich spätestens alle drei Tage andere Gesichter: meine Kolleginnen Mitschülerinnen, meine Freunde, Menschen aus unseren politischen Gruppierungen…
Erst jetzt ist mir bewusst geworden, wie sehr mir meine Mitmenschen fehlen. Deshalb freue ich mich auch total darauf, endlich wieder meine Freunde treffen zu können.
Sorgen, wegen möglicher Ansteckungen, mache ich mir persönlich keine – außer um meine Großeltern, da diese beide um die 90 Jahre alt sind. Und natürlich mache ich mir Sorgen um kranke und ältere Menschen im Allgemeinen, vor allem auch Sorge um die Menschen die im Gesundheitswesen arbeiten. Sorge ist da wohl das falsche Wort, eher Respekt und Anerkennung, dass diese gerade darum kämpfen, die Coronakrise zu stemmen.
Was mich an der Corona Krise tatsächlich stört, ist, dass alle anderen Themen scheinbar komplett zur Seite geschoben werden und über nichts anderes mehr gesprochen wird, als Corona. Dabei gibt es ja so viele andere Dinge die auch super aktuell und super wichtig sind!
Die Flüchtlinge, die gerade in Griechenland festsitzen, unter menschenverachtenden Umständen leben müssen, körperlich und seelisch geschädigt werden oder sei es die Heuschreckenplage in Ostafrika. Wenn es nicht gelingt, die Plage in den Griff zu bekommen, sind laut den Vereinten Nationen bald 25 Millionen Menschen in der Region vom Hunger bedroht. Wie kann es sein, dass dieses Drama völlig unbeachtet bleibt? Oder auch das Riesenthema Klimawandel? Ich kann nicht nachvollziehen, wieso sich in diesen Bereichen rein gar nichts tut und bei Corona schafft es Deutschland innerhalb kürzester Zeit Hilfspakete zu schnüren. Ja, das stört mich gewaltig.
So: schlussendlich möchte ich sagen, dass diese Krise auch eine Chance für uns ist. Es tut uns gut, dass wir unseren Alltag entschleunigen und wir uns auf Dinge konzentrieren können, die wir bis dato vernachlässigt haben.
Nutzt die Zeit für Spaziergänge! Mein Bruder tobt sich in der Küche aus, backt und tut, ich habe wieder angefangen zu malen…
Gedichte, Geschichten zu schreiben ist auch eine coole Sache, oder schnitzen, basteln, Figuren aus Speckstein zaubern… Ein altes Instrument neu entdecken…
Es gibt so viele Dinge zu tun, genießt die Zeit mit euch und eurer Kreativität!
Und wenn ihr doch mal Lust auf Menschen habt, Videotelefonate helfen!
Mit sonnigen Grüßen,
Teresa
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